Sagen wir am 24. November Nein zur SVP-Initiative. Mit dem selben Geld, das die SVP-Initiative notabene wie bei allen Steuersenkungsvorlagen in erster Linie den Reichen zuschieben will, können wir die Kinderzulagen für alle erhöhen. Damit machen wir Familienpolitik, die wirkt.

Es gibt grob gesagt drei Voraussetzungen, um berufstätig zu sein: Erstens eine gute Aus- und Weiterbildung, zweitens eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur und drittens Betreuungsangebote für Kinder. Wer in diesen drei Bereichen finanzielle Aufwendungen hat, kann davon einen Teil bei den Steuern abziehen. Und so gibt es einen Weiterbildungsabzug, einen Pendlerabzug und einen Betreuungsabzug.

Die SVP fordert nun, dass es nebst dem Betreuungsabzug noch einen „Abzug für die Nicht-in-Anspruchnahme des Betreuungsangebots“ geben soll. Sie will also einen Abzug fürs Nichtpendeln, respektive einen Abzug fürs Nicht-Weiterbilden.

Wie wird dies begründet? Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, würden auf ein zusätzliches Einkommen verzichten und im Gegenzug keine staatlichen Leistungen (eben zum Beispiel Krippen) beanspruchen, die sie hingegen mit ihren Steuergeldern mitfinanzieren müssten, ohne sie zu benutzen.

Zuerst mal zu den Argumenten:
Sie sind falsch. Die Eltern, die kostenpflichtige Betreuungsangebote nutzen, bezahlen diese selber. Ja, sie zahlen sie sogar doppelt. Erstens über die Elterntarife. Gesamtschweizerisch zahlen Eltern über 80 Prozent der anfallenden Kosten über Tarife. Und zweitens über die höheren Steuern, die sie als Folge ihrer Berufstätigkeit dem Staat abliefern. Der Staat und damit auch die nicht berufstätigen Eltern profitieren von den berufstätigen. Jeder Franken, der in eine Kita investiert wird, spült drei bis vier Franken in die Volkswirtschaft zurück. Zudem: Wer nicht berufstätig ist, zahlt auch keine Beiträge an die Sozialversicherungen, profitiert aber von den AHV-Betreuungsgutschriften. Diese werden von den Berufstätigen finanziert.

Dann zur Logik:
Nehmen wir das Beispiel Pendlerabzug: Herr Keller und Herr Suter, wohnhaft in Frauenfeld, erhalten beide ein Stellenangebot aus Zürich mit einer Lohnerhöhung von 400 Franken pro Monat. Herr Keller entscheidet sich, das Stellenangebot aus Zürich auszuschlagen. Herr Suter nimmt es an. Damit pendelt Herr Suter täglich von Frauenfeld nach Zürich, benutzt die Verkehrsinfrastruktur, die mit Steuergeldern bezahlt wird. Dafür kann er bei den Steuern einen Abzug machen. In der Logik der SVP-Initiative müsste sich Herr Keller dagegen wehren. Immerhin verzichtet er mit seinem Entscheid, in Frauenfeld zu arbeiten, auf eine Lohnerhöhung und verursacht durchs Nichtpendeln erst noch weniger Kosten. Trotzdem kann er keinen Abzug machen.

In der Logik der SVP-Initiative könnten sich Kinderlose auf den Standpunkt stellen, das Nicht-Haben von Kindern sei auch steuerlich zu entlasten. Denn schliesslich bräuchten sie weder Kinderbetreuung noch Schule und müssten diese trotzdem mitfinanzieren. Auch sei ihr Lohn geringer, weil ihnen keine Kinderzulagen zustünden. Für diese müssten sie aber gleichwohl Lohnbeiträge abliefern. Und damit wären wir dann beim Kinderabzug für Kinderlose. 

Sagen wir am 24. November Nein zur SVP-Initiative. Mit dem selben Geld, das die SVP-Initiative notabene wie bei allen Steuersenkungsvorlagen in erster Linie den Reichen zuschieben will, können wir die Kinderzulagen für alle erhöhen. Damit machen wir Familienpolitik, die wirkt. 

23. Okt 2013