Die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard argumentiert mit dem Alpenschutzartikel in der Bundesverfassung, der eine Kapazitätserhöhung im Gotthard-Strassenverkehr ausdrücklich verbietet. Mit der Verdoppelung der Transportkapazität durch den Bau einer zweiten Gotthardröhre erreichen wir jedoch das Gegenteil dessen, was die Verfassung verlangt. Selbst wenn die Schweiz - was an sich kaum realistisch ist - an der einspurigen Verkehrsführung durch die beiden Gotthardröhren festhalten wollte, müsste sie dem Druck aus der EU früher oder später nachgeben und die Kapazität verdoppeln.

Am 20. Februar 1994 wurde gegen den geballten Widerstand der offiziellen Politik und der interessierten Wirtschaftsverbände die Alpeninitiative von Volk und Ständen angenommen. Es war eine Sensation! Die Schweizerinnen und Schweizer hatten der Verlagerung des Alpentransits auf die Schiene zugestimmt.

Umsonst versuchen die Gegner der Alpenkonvention den Volksentscheid rückgängig zu machen. Nach der Abfuhr, welche sie im Februar 2004 mit ihrer «Avanti-Initiative» eingefahren hatten, versuchen sie jetzt im Hinblick auf die bevorstehende Sanierung des Gotthard-Autotunnels den ihnen lästigen Alpenschutz doch noch auszuhebeln.

Die 1980 eröffnete Autobahnröhre durch den Gotthard muss ab 2020 saniert und daher gesperrt werden. Deshalb will der Bundesrat nun mit einem Kostenaufwand von voraussichtlich 2,8 Mrd. Franken einen zweiten Strassentunnel durch den Gotthard bohren lassen, durch welchen der Autoverkehr dann während der Sanierungsarbeiten am alten Tunnel geführt werden soll. Ab etwa 2035 würden demnach zwei Strassentunnels zur Verfügung stehen.

Die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard beteuert, dass dem Alpenschutzartikel in der Bundesverfassung, der eine Kapazitätserhöhung im Gotthard-Strassenverkehr ausdrücklich verbietet, insofern Rechnung getragen würde, als jede der beiden Tunnelröhren nur einspurig befahren werden dürfte! Mit diesem Versprechen tritt sie in die Fussstapfen ihres Amtsvorgängers und Parteikollegen Hans Hürlimann, der 1980 versichert hatte, dass der Strassentunnel «niemals ein Korridor für den Schwerverkehr werden» würde. Wir wissen alle, dass es ganz anders kam: Benutzten 1981 noch etwa 170'000 Lastwagen den Gotthardtunnel, waren es 10 Jahre später bereits das dreieinhalbfache.

Wozu haben wir nun in den vergangenen Jahren mit einem Kostenaufwand von über 20 Milliarden die Neat so ausgebaut, um - dem klaren Volkswillen entsprechend - den Alpentransitverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern?

Wieso dieser Murks? Um zu verhindern, dass das Tessin von der Deutschschweiz abgeschnitten wird? Wozu haben wir nun in den vergangenen Jahren mit einem Kostenaufwand von über 20 Milliarden die Neat so ausgebaut, um - dem klaren Volkswillen entsprechend - den Alpentransitverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern? Der Basistunnel am Lötschberg läuft seit 2007, der neue Gotthard-Basistunnel wird dieses Jahr dem fahrplanmässigen Verkehr übergeben, in drei Jahren wird der neue Ceneri-Basistunnel fertig gestellt. Bereits Ende 2020 werden zwischen Basel und Chiasso auch Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von vier Metern auf der Schiene transportiert. Damit können auch die Bedürfnisse der europäischen Transportbranche zufriedengestellt und damit kann vor allem auch die Verlagerung auf die Schiene weiter gefördert werden.

Mit der Verdoppelung der Transportkapazität durch den Bau einer zweiten Gotthardröhre erreichen wir jedoch das Gegenteil dessen, was die Verfassung verlangt. Selbst wenn die Schweiz - was an sich kaum realistisch ist - an der einspurigen Verkehrsführung durch die beiden Gotthardröhren festhalten wollte, müsste sie dem Druck aus der EU früher oder später nachgeben und die Kapazität verdoppeln. Damit wären nicht nur die Milliardeninvestitionen in die Neat quasi für die Katz, sondern auch die Verwirklichung der Verlagerungspolitik definitiv auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben! -

Das obige Zitat im Titel stammt übrigens von unserer Verkehrsministerin persönlich.

28. Jan 2016