Die Unternehmenssteuerreform muss sorgfältig und transparent neu aufgegleist werden. Auch die Kantone sind gefordert.

Die Stimmberechtigten, welche die Unternehmenssteuerreform III (USR III) am 12. Februar wuchtig verworfen haben, haben Anrecht auf Information und Transparenz. Ich plädiere deshalb für eine Neuauflage mit Augenmass und Transparenz. Weder eine Vernehmlassung der EU noch Wunschlisten der Kantone oder Wirtschaftsverbände sind im Moment massgeblich.

Als Bringschuld müssen die Kantone jetzt offenlegen, wie viele Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften mit sogenannten «Steuerferien» es bei ihnen aktuell gibt. Etliche Firmen sind nämlich bereits freiwillig aus dem kantonal privilegierten Status ausgestiegen und in die ordentliche Besteuerung übergetreten. Damit reduziert sich der Handlungsbedarf. Diese Datenlage ist zu aktualisieren.     

Und dann Hand aufs Herz: Wie viele Steuern zahlen Aktiengesellschaften in der Schweiz effektiv? Seit 2015 müssen börsenkotierte Holdinggesellschaften das ausweisen. Internationale Konzerne sind gefordert, pro Land zu berichten, wie viele Steuern sie wo bezahlen. Der Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, der jurassische Regierungsrat Charles Julliard, hat öffentlich bestätigt, dass 75 Prozent der Aktiengesellschaften keine Gewinnsteuern bezahlen. Das zeigt, dass auch das ordentliche Steuerregime der Schweiz für die Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, GmbH und Genossenschaften) sehr grosszügig ist. Haben Kapitalgesellschaften gar einen (steuerlichen) Wettbewerbsvorteil gegenüber den über 350‘000 KMU, die als Einzelfirmen und Personengesellschaften arbeiten? Ist die rechtliche Gleichbehandlung gewahrt?

Grosszügige Bestimmungen

Zudem dürfen die Kantone den Unternehmen Steuererleichterungen bis zu zehn Jahren gewähren. Sowohl bei Neuzuzügen als auch bei Erweiterungen oder Umstrukturierungen. Über das Ausmass dieser Steuererleichterungen sind die Kantone gut beraten, Transparenz zu schaffen.

Dazu kommen die grosszügigen aktien- und steuerrechtlichen Bestimmungen, welche die Schweiz zu einem Tiefststeuerstandort gemacht haben. Das zeigt der Index von BAK Basel. Er vergleicht die durchschnittliche Steuerbelastung für eine profitable Investition und sagt aus, dass die Schweizer Kantone im internationalen Steuerwettbewerb 2015 sehr gut abschneiden. Mit der Marke Swissness, einer hochstehenden Infrastruktur und Lebensqualität muss die Schweiz nicht das Steuerdumping antreiben. Google kam wegen der ETH nach Zürich. Niemand vermietet eine Attika zum Preis einer Mansarde! Auf Gewinnsteuersenkungen ist zu verzichten.

Verfassung setzt Grenzen

Den rechtlichen Rahmen für eine Neuauflage mit Augenmass setzt unsere Bundesverfassung. Besonders der Verfassungsauftrag zur formellen Steuerharmonisierung schiebt der «Kantonalisierung» des Unternehmenssteuerrechts einen Riegel. War doch dessen klare Zielsetzung, die kantonale Rechtszersplitterung im Bereich der direkten Steuern zu beseitigen und damit einen Beitrag zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum Schweiz zu leisten.

Mit Augenmass ist die Korrektur der Unternehmenssteuerreform II vorzunehmen: durch Einschränkung der Milliarden steuerfreier Ausschüttungen sowie der Einführung einer Beteiligungsgewinnsteuer wie sie alle anderen Länder haben.

Für die Zeitplanung ist wichtig, dass schon 2018 die dritte Revision des Finanz- und Lastenausgleichs anläuft. Allfällige Anpassungen können dort einfliessen. Auf die urdemokratische Mitwirkungsform der öffentlichen Vernehmlassung sollte jedoch nicht verzichtet werden.

Durch Schaden wird man klug, sagt eine alte Volksweisheit. Fazit: Die nächste Reform muss sorgfältig und transparent vorbereitet werden. Die Kantone müssen wieder glaubwürdig werden. Sie haben der Steuersenkungsvorlage USR III ohne vollständig einnahmeseitige Gegenfinanzierung zugestimmt und gleichzeitig unserer Finanzkommission Briefe gegen die Abbaumassnahmen des Bundes bei der individuellen Prämienverbilligung, bei der Bildung, beim Sport und in vielen anderen Sachgebieten geschickt. Den Fünfer und das Weggli gibt es nicht.

Text erschienen im «Bund» vom 10. März 2017

21. Mär 2017