Fassungslos blicken wir täglich auf die Bilder, die uns aus dem Gazastreifen erreichen, Bilder eines zerstörerischen Kriegs, Bilder einer unsäglichen Not. Das Palästinensische Volk im Gazastreifen lebt unter schwierigsten Verhältnissen. Seit den neuen Militärschlägen findet hier eine humanitäre Katastrophe statt. Israel reagiert auf die Raketenangriffe der Hamas mit unerhört heftigen militärischen Gegenschlägen. Die militärische Gewalt richtet sich immer wieder gegen Zivilisten, das ist von keiner Seite her akzeptierbar.

Im Gazastreifen sind Tausende Tote und Verletzte unter den zivilen Personen zu beklagen. Kinder, Frauen und alte Menschen sind den Angriffen schutzlos ausgeliefert. Ein Grossteil der zivilen Infrastruktur wie Wasserversorgung, Spitäler und Schulen sind zerstört. Das ist die Aufbauarbeit vieler Jahre mit Geld aus der Entwicklungshilfe der Uno-Hilfswerke – und auch aus der Schweiz. Die Situation ist katastrophal. 
Durch die Hamas-Vergeltungsschläge wird auch die israelische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. In dieser Situation dreht sich die Spirale der Gewalt immer weiter. Diese Spirale muss durchbrochen werden!

Die westlichen Länder müssen den internationalen Druck auf Israel erhöhen, damit Israel die Blockade des Gazastreifens aufhebt. Gaza braucht gesellschaftliche und wirtschaftliche Verbindungen über die Grenzen hinaus. Die Menschen brauchen dringend eine Perspektive für eine bessere Zukunft. Diese Öffnung soll durch internationale Friedens­truppen begleitet werden, die für Sicherheit aller Bewohnerinnen und Bewohner sorgen. Israel muss sich aus den besetzten Gebieten zurückziehen und seine völkerrechtswidrige Siedlungspolitik aufgeben.

Auch die Schweiz kann ihren Beitrag leisten mit einem klaren Stopp jeglicher militärischen Zusammenarbeit mit Israel und allen anderen Konfliktparteien der Region. Wir kaufen keine Drohnen aus Israel.

Die Schweiz hat sich schon früher an der Lösung des Konflikts beteiligt und zwar mit der Genfer Initiative. Nach deren Plan sollen zwei gleichberechtigte Staaten nebeneinander existieren, das ist keine Utopie. Dazu muss der Dialog wieder in Gang gebracht werden. Die Schweiz kann sich dafür einsetzen, dass alle verhandlungsbereiten Personen an den Tisch gebracht werden.

In Momenten wie heute, wo die Gewalt dominiert, wo die Verantwortlichkeiten nicht gleichmässig auf beide Parteien verteilt sind, ist es eine enorme Herausforderung, auf Gewalt zu verzichten und in den Dialog zu treten. Deshalb braucht es die Zusicherung, dass internationale Untersuchungen die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten aufdecken und ahnden werden. 
Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit. Und es gibt keine militärische Lösung, sondern nur eine politische. 
Mein Schlusssatz lehnt sich an einen Appell von Bischof Tutu an Israel an: Ich glaube an eine Welt, in der Palästina und Israel nebeneinander existieren, in gegenseitiger Würde und Respekt.
 

Rede an der Demonstration für Frieden im Nahen Osten und Gerechtigkeit für die Palästinenserinnen und Palästinenser am 23. Oktober 2014

28. Aug 2014