Pädosexuelle Übergriffe sind besonders schwere Verbrechen, weil sie sich gegen Kinder richten und diese nachhaltig, oft für das ganze Leben verletzen und beeinträchtigen. Das bedeutet, dass wir alles unternehmen müssen, um pädosexuelle Handlungen zu verhindern. Die „Pädophilen-Initiative“ weist hingegen erhebliche Mängel auf, die nicht akzeptiert werden können.

Dazu gehört auch ein Tätigkeitsverbot für verurteilte pädosexuelle Täter. Ein Berufsverbot existiert zwar schon heute im Strafgesetzbuch, aber dieses kann vom Richter nur verhängt werden, wenn die Tat im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit erfolgt ist. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Lehrer, der in seiner Freizeit ausserhalb des schulischen Umfelds einen sexuellen Übergriff an einem Kind vorgenommen hat, nicht mit einem Berufsverbot belegt werden kann. Das ist störend. Das hat auch das Parlament erkannt und die Rechtskommission des Nationalrats hat schon vor einiger Zeit den Entschluss gefasst, dies zu ändern und ein entsprechendes Gesetz ausgearbeitet, dass 2015 in Kraft tritt.

Gleichzeitig wurde jedoch eine Volksinitiative lanciert, die ein Tätigkeitsverbot für verurteilte pädosexuelle Täter fordert. Leider weist diese Initiative erhebliche Mängel auf, die nicht akzeptiert werden können. Zunächst geht die Initiative zu wenig weit, da sie nur Sexualdelikte erfasst. Es ist zwar richtig, dass derjenige, der Sexualdelikte gegen Kinder vornimmt, ein Tätigkeitsverbot erhält. Aber warum sollte das nicht auch für denjenigen gelten, der Kinder zum Beispiel ohne sexuelle Motive körperlich misshandelt und schwer verletzt.

Ein zweiter sehr gravierender Mangel der Initiative ist der Umstand, dass sie die so genannte Jugendliebe nicht ausnimmt. Wenn ein 20-Jähriger eine einvernehmliche, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehung mit einer 15-Jährigen unterhält, so verstösst er gegen das Gesetz. Aber ist er ein Pädosexueller, der mit einem Berufsverbot belegt werden muss? Wohl kaum. Die Initiative aber sieht zwingend bei allen Sexualdelikten gegenüber Kindern und abhängigen Personen ein lebenslängliches Berufsverbot vor, ohne dass der Richter den konkreten Fall würdigen könnte. Der 20-Jährige dürfte also für den Rest seines Lebens weder als Lehrer, noch als Pfadiführer, Kinderarzt, Krippenleiter etc. tätig sein.

Ich habe deshalb, als die Initiative noch in der Projektphase war, das Gespräch mit der Vorsitzenden des Initiativkomitees gesucht und sie gebeten, diese Mängel zu beheben. Sie hat das zur Kenntnis genommen, aber auf Korrekturen mit dem Hinweis verzichtet, es handle sich beim Beispiel des 20-Jährigen zwar um eine Katastrophe für den betroffenen Jugendlichen, aber nicht um eine Katastrophe für den Rest des Gesellschaft! Diese Haltung erachte ich als menschenverachtend. Es kann nicht sein, dass das Unrecht – eine pädosexuelle Straftat – mit einer Massnahme bekämpft wird, die neues Unrecht schafft!

Es ist deshalb richtig, dass die SP die Initiative, über die am 18. Mai abgestimmt wird, ablehnt. Das als indirekter Gegenvorschlag ausgearbeitete Gesetz erfüllt das Ziel der Initiative - nämlich Kinder vor Straftätern zu schützen - wirkungsvoller als die Initiative, ohne jedoch unseren Schweizer Rechtsstaat zu beschädigen. 

17. Apr 2014