Kann die Schweiz auf die Bilateralen verzichten? Mit dieser rhetorischen Frage hat die FDP letzte Woche zu einer Medienkonferenz eingeladen. Offenbar hat die Parteispitze erkannt, dass die Doppelstrategie – Bilaterale retten und gleichzeitig Masseinwanderungsinitiative konsequent umsetzen – entlarvt wurde und mittlerweile allen klar ist, dass das nicht aufgeht.

So hat die FDP quasi in letzter Sekunde versucht auf eine klare Seite zu springen – so wie früher bei 1, 2 oder 3. «Ob Sie wirklich richtig stehn, sehn Sie, wenn das Licht angeht!» Die Antwort der FDP lautete demnach, nein. Die Schweiz kann nicht auf die Bilateralen verzichten.

Nach langem Hin und Her scheint die Vernunft also zu siegen. Die FDP könnte also doch noch eine Rolle mit uns spielen, wenn es darum geht ein Umsetzungsgesetz zu erarbeiten, das die Initiative ohne Kontingente und Höchstzahlen umsetzt und es zulässt, die wichtigen bilateralen Beziehungen mit der EU weiterzuführen.

Gerne würde ich meinen Text hier beenden. Aber, haben Sie das Interview von FDP-Parteichef Philipp Müller gelesen in der Zentralschweiz am Sonntag vom 11. Oktober?

Philipp Müller ist offenbar der einzige Politiker in diesem Land, der tatsächlich an die völlig unwahrscheinliche und rechtlich unhaltbare Variantenabstimmung glaubt. Eine strenge Umsetzung ohne Bilaterale (der die FDP im Parlament zustimmt) vs. Umsetzungsgesetz ohne Gefährdung Bilaterale (das die FDP in der Abstimmung unterstützt). Und damit der völlig unrealistische Plan von Müller aufgeht, braucht er…. die SP! Gegen die Vorlage der FDP und SVP, welche die Bilateralen gefährdet, sollen wir dann das Referendum ergreifen?

Alles klar? Nein, das ist es überhaupt nicht. Dass der FDP-Präsident öffentlich die SP vorschickt, um für seine Partei die Kohlen aus dem Feuer zu holen, ist schon ein starkes Stück. Aber wie er den Wählern erklären will, warum seine FDP die wortgetreue Umsetzung zuerst im Parlament unterstützt und danach an der Urne bekämpft, bleibt Müllers Geheimnis.

Seit Monaten fährt Philipp Müller in der Europafrage einen Slalomkurs. Mit dieser jüngsten Pirouette hat er vollends die Orientierung verloren – oder holt ihn einfach seine 18-Prozent-Vergangenheit wieder ein? Es ist jedenfalls Zeit, dass sich Philipp Müller entscheidet: Will er mit uns die Bilateralen retten oder mit der SVP den Wohlstand des Landes aufs Spiel setzen? Den «Fünfer und s Weggli» gibt es nicht!

13. Okt 2015