Von der fast schon visionären Gesetzesvorlage des Ständerates, der ein Widerrufsrecht zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten bei Fernabsatzgeschäften generell einführen wollte, ist gestern Mittwoch im Nationalrat wenig übrig geblieben. Wenigstens wurde die ursprüngliche Idee des damaligen SP-Ständerates Pierre Bonhôte, ein Widerrufsrecht nicht nur bei Haustürgeschäften, sondern auch bei Telefonverkäufen einzuführen, umgesetzt.

Die vom Ständerat respektive seiner Rechtskommission erarbeitete Vorlage sieht ein Widerrufsrecht der Konsumentinnen und Konsumenten bei jeglichem Fernabsatzgeschäft vor – also bei Vertragsabschluss per Post wie auch per Mail, Internet, oder SMS. Innert 14 Tagen könnten Kundinnen und Kunden, die nach Erhalt der Ware nicht mehr vom Kauf überzeugt sind, den Vertrag widerrufen. Von dieser aus Sicht der SP sehr guten und begrüssenswerten Vorlage, die der erhöhten Schutzbedürftigkeit bei Vertragsabschlüssen mit neuen technischen Mitteln Rechnung trägt, ist nach der Debatte im Nationalrat nur noch wenig übrig geblieben.

Der Nationalrat hätte – ebenso wie vor ihm der Ständerat – die Chance gehabt, einem Gesetz zuzustimmen, das nicht gleich bei seinem Inkrafttreten veraltet gewesen wäre.

Die Konsumentinnen und Konsumenten sind nun zwar bei Telefonverkäufen besser geschützt – einer Verkaufsart, die nach den Erfahrungen der Konsumentenschutzorganisationen oft auf einem Überraschungs- und Überrumpelungseffekt beruht. Was ist aber mit den heute viel häufigeren Online-Geschäften? Mit dem Internet ist der Anteil der Online-Vertragsabschlüsse gewaltig gestiegen. Auch hier besteht die Gefahr eines übereilten Vertragsabschlusses: ein Mausklick ist schnell gemacht!

Hier liegen aber vor allem auch ungleiche Spiesse vor. Der Anbieter von Waren weiss, welche Qualität er zu welchem Preis verkaufen will. Internet-Kundinnen und -Kunden erhalten zwar unter Umständen viele Informationen und technische Daten zum gewünschten Produkt. Sie halten es aber nicht in Händen. Sie können auch nicht überprüfen, ob die Schuhe oder das Kleidungsstück passen oder ob der Föhn mit einem gewünschten leisen Summen funktioniert – oder ob er überlaut dröhnt. Käuferinnen und Käufer können die Waren also nicht unmittelbar bei Vertragsabschluss prüfen. Es liegt deshalb eine Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Kundschaft vor. Eben diese wollte die Gesetzesvorlage beheben.

Der Nationalrat hätte – ebenso wie vor ihm der Ständerat – die Chance gehabt, einem Gesetz zuzustimmen, das nicht gleich bei seinem Inkrafttreten veraltet gewesen wäre. Schade, dass er diese Chance nicht wahrgenommen hat.  

18. Sep 2014