Durch Steuervermeidung fehlt den ärmsten Ländern dieser Welt das Geld für fundamentale staatliche Leistungen. Damit wird nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder Weise gehemmt, der Steuerklau führt auch zu grossem menschlichem Leid. Mit der Steuervorlage 17 kann die Schweiz etwas gegen die globale Steuervermeidung unternehmen. Konzerne müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie anfallen. Weltweit.

12 Milliarden Dollar. So hoch ist der Zinssaldo aus konzerninternen Krediten der Schweiz gegenüber dem Ausland gemäss einer neuen Studie der NGOs Oxfam und Tax Justice Network. Dank der Steuerdumping-Politik einiger reicher Länder – inklusive jener der Schweiz – fehlen den Entwicklungsländern allein durch Steuervermeidung der Konzerne (oder ihrer Tochterfirmen) rund 200 Milliarden Dollar (!) an Steuersubstrat jährlich. In einem drastischen Kurzfilm verdeutlichte Oxfam dieses Jahr, was das im Extremfall bedeutet: Maskierte Gestalten in Bankräuber-Montur stürmen darin ein Spital, stehlen medizinische Geräte und verwüsten die Einrichtung. Am Schluss des Films wird der Brutkasten eines zu früh geborenen Babys abgestellt. Die filmische Oxfam-Umsetzung mag krass sein, aber die Botschaft ist klar: Durch Steuervermeidung fehlt den ärmsten Ländern dieser Welt das Geld für fundamentale staatliche Leistungen. Damit wird nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder in ungerechtfertigter Weise gehemmt, im Extremfall führt der Steuerklau auch zu furchtbarem Leid oder gar zu frühzeitigen, vermeidbaren Todesfällen.

Mit der wuchtigen Ablehnung der Unternehmenssteuerreform III (USR III) durch fast 60 Prozent der StimmbürgerInnen am 9. Februar diesen Jahres wurde weiteren Milliarden-Steuergeschenken an Grosskonzerne eine Absage erteilt. Dieses Votum war auch ein Nein zu neuen, «kreativen» Steuerprivilegien wie der Lizenz-Box, der Inputförderung oder der zinsbereinigten Gewinnsteuer. Diese hätten dazu geführt, dass Konzerne ihre Gewinne weiterhin tiefer besteuern als im Ausland und sich deshalb freudig in der Schweiz ansiedeln.

Mit der Steuervorlage 17 (SV 17) nimmt Bundesrat Ueli Maurer nun einen neuen Anlauf, um die Konzerninteressen OECD-Konform umzusetzen. In leicht abgespeckter Form kennt auch die SV 17 nur ein Ziel: Netto dafür zu sorgen, dass die grossen Unternehmen bestimmt keinen Rappen mehr Steuern bezahlen müssen als jetzt. Das eigentliche Problem wird damit umgangen. Als Beispiel dient mein Heimatkanton Zürich: Mit dem Kompromiss von Kanton und Stadt Zürich würden die katastrophalen finanziellen Folgen für die öffentliche Hand im Kanton Zürich zwar etwas abgefedert. Mit der Forderung nach der Wiederbelebung der zinsbereinigten Gewinnsteuer würde dafür ein neues Steuerprivileg geschaffen. Zu Lasten der Ärmsten dieser Welt.

Man mag einwenden, dass es sich beim Zürcher Vorschlag zur SV 17 um einen gutschweizerischen Kompromiss handle; dass mehr halt nicht möglich sei. Das ist sicher korrekt. Nur geht es bei der SV 17 nicht nur um die Schweiz – und schon gar nicht nur um die Interessen des Kantons Zürich. Es geht um internationale Solidarität und um den Kampf gegen ein internationales Steuerregime, das ausser ein paar supermobilen Grossfirmen überhaupt gar niemandem nützt. Weder in der Schweiz noch im Rest der Welt.

«Milliarden-Bschiss am Mittelstand!» So lautete der zentrale Slogan der Anti-USR-III-Kampagne. Das Argument war sicherlich richtig und erfolgreich. Vor lauter Mittelstand darf aus linker Sicht aber nie vergessen werden, dass es zur Beseitigung der strukturellen globalen Ungerechtigkeit immer um mehr geht, als um die eigenen Privilegien. Kurzfristig muss für uns – neben der Forderung nach substantiellen Verbesserungen bei der SV 17 – der Kampf gegen Steuervermeidung im Zentrum stehen. Also eine Revision des Korruptionsstrafrechts, ein verschärfter Kampf gegen Steuerbetrug und die Regulierung von Offshore-Geschäften. Und am Allerwichtigsten: Konzerne müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie anfallen. Weltweit. 

13. Dez 2017