Travail.Suisse analysiert seit mehreren Jahren die Managerlöhne und das Verhältnis zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Lohn in einem Unternehmen (Lohnschere). Die neunte Jahresanalyse macht deutlich, dass bei den Managerlöhnen keine nennenswerte Korrektur in Sicht ist. Ganz im Gegenteil: Die Selbstbedienungsmentalität greift immer mehr um sich. Wie für die Banken und die Weissgeldstrategie ist es illusorisch, auf eine Selbstregulierung der Unternehmen zu warten. Vielmehr müssen Politik und Volk gewisse Regeln aufstellen. Die 1:12-Initiative, über die im November abgestimmt wird, bietet dazu eine erste Möglichkeit.

Die Analyse von Travail.Suisse basiert auf den Daten von 27 Schweizer Unternehmen aus verschiedenen Branchen. 23 davon sind börsenkotiert, 9 im SMI vertreten. Sie wurden in diesem Jahr zum 9. Mal untersucht. 

Die Schere zwischen dem höchsten durchschnittlichen Lohn der Unternehmensführung und dem niedrigsten Lohn innerhalb eines Unternehmens hat sich im Allgemeinen weiter geöffnet
Zwar war in gewissen Unternehmen im einen oder andern Segment ein leichter Rückgang der Lohnschere zu verzeichnen. Es sticht aber ins Auge, dass sich die Verschiebung nach oben insgesamt kontinuierlich fortgesetzt hat, nicht nur über das Jahrzehnt gesehen, sondern trotz hitziger Debatten im Zusammenhang mit der Minder-Initiative auch in den letzten zwei Jahren. Die einzige Wirkung war, dass einige «Star-Manager» verschwunden sind. Doch an die Stelle der Ospels und Vasellas sind Führungsequipen getreten, die sich in der Regel ebenfalls exzessive Vergütungen gönnen. Die Schere zwischen dem höchsten durchschnittlichen Lohn der Unternehmensführung und dem niedrigsten eines Unternehmens hat sich im Allgemeinen weiter geöffnet. Während 2002 noch 8 der erfassten 27 Unternehmen zur 1:12-Gruppe zählten, ist es heute nur noch Coop. Alle andern haben den Aufwärtstrend weitergeführt – beispielsweise hat sich die Zahl der Unternehmen verdoppelt, bei denen das Verhältnis in einer Spanne zwischen 1:50 und 1:100 liegt!

An der Spitze stehen Novartis, Roche, UBS und Credit Suisse mit Verhältnissen von über 1:100, wobei Roche mit 1:124 die Liste anführt.

Die beiden Grossbanken haben ihren Appetit etwas gezügelt, das Verhältnis ist bei ihnen von 1:254 bzw. 1:235 im Jahr 2002 auf 1:121 bzw. 1:114 gesunken.

Die Selbstregulierung der Manager reicht nicht – die Politik muss handeln
Angesichts dieser Situation wäre es illusorisch, auf eine angemessene Selbstregulierung der grossen Wirtschaftskapitäne zu warten, selbst nach der klaren Annahme der Minder-Initiative durch das Volk. Die Erfahrungen mit den Banken in den Jahren nach dem UBS-Debakel haben gezeigt, dass dies eine Wunschvorstellung bleiben wird.

Deshalb muss die Politik das Steuer wieder übernehmen. Wir wollen, dass alle von den Unternehmensgewinnen profitieren und nicht nur wenige Top-Manager, die sich unabhängig von den Ergebnissen rücksichtslos bedienen, während sich bei den untersten Lohngruppen kaum etwas bewegt...

Ein maximaler Lohnunterschied von 1:12 reicht! Travail.Suisse unterstützt die Initiative 
Die nächste politische Etappe steht mit der 1:12-Initiative der Jungsozialisten bevor, die im November dieses Jahres vors Volk kommt. Parlament und Bundesrat haben es nicht gewagt, einen Gegenentwurf vorzulegen. Somit liegt es am Volk, sich dafür auszusprechen, dass dies DIE LÖSUNG ist, die eine fairere Aufteilung des Gewinns und der Produktivität der Schweizer Wirtschaft gewährleistet.  

Wie viele KMU können sich Vergütungen von über 1:12 leisten? Ich treffe selten Chefs von Elektrofirmen, Restaurants, Technologie-Start-ups, Architekturbüros und anderen KMU, die sich solche Vergütungen offerieren. Diese Initiative kommt der ganzen Bevölkerung zugute und schiebt inakzeptablen Lohnauswüchsen einen Riegel: In einem Monat nicht mehr zu verdienen als die am schlechtesten bezahlten Arbeitskräfte in einem Jahr – das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag, den Travail.Suisse mit Überzeugung unterstützt. 

Wir sollten nicht vergessen, dass eine faire Aufteilung der erarbeiteten Erträge wesentlich zu einem gesunden Gleichgewicht und zum Erfolg der Schweiz beitragen. Wenn wir nicht einen Rahmen vorgeben, der dieses Gleichgewicht langfristig gewährleistet, gefährden wir den sozialen und nationalen Zusammenhalt.

25. Jun 2013