Die Schweiz darf Zustände wie in Como nicht dulden. Sie muss die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention garantieren; das Recht, in der Schweiz ein Asylgesuch zu stellen, das seriös geprüft wird, muss uneingeschränkt gelten. Besonderen Schutz und Betreuung verdienen die Minderjährigen und verletzliche Personen wie schwangere Frauen und alte Menschen, die sich in Como aufhalten.

Die SP ist insbesondere besorgt über die zahlreichen Berichte, dass Flüchtende an der Schweizer Grenze daran gehindert werden, ein Asylgesuch zu stellen. Sie hat deshalb heute an ihrer vorbereitenden Fraktionssitzung Vertreter des Grenzwachtkorps(GWK), des Staatssekretariats für Migration (SEM) und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe angehört. Die Anhörungen waren aufschlussreich und nützlich. Das GWK versicherte, sich strikt an den rechtlichen Rahmen zu halten, so dass jede Person, die ein Asylgesuch in der Schweiz stellen wolle, dies auch könne. Die SP wird das GWK an diesen Aussagen messen und stellt unmissverständlich klar, dass das GWK nicht befugt ist, über die „Glaubwürdigkeit“ von Asylgesuchen zu urteilen, sondern im Zweifelsfall die Flüchtenden immer dem SEM zur inhaltlichen Beurteilung überweisen muss.

Die SP fordert deshalb:

  • Die Überprüfung und Sicherstellung einer korrekten Rechtsanwendung durch die Grenzschutzbehörden. Die Abklärung von Asylgesuchen obliegt ausschliesslich dem SEM. Die SP schlägt zur Gewährleistung einer rechtlich einwandfreien und allgemein anerkannten Praxis eine unabhängige Monitoringgruppe unter Einbezug der Zivilgesellschaft vor. Zum Schutz von allen Involvierten (Flüchtlinge, Mitarbeitende Grenzwachtkorps) ist ein regelmässiges Reporting durch eine unabhängige Stelle (UNHCR, Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht etc.) einzurichten.
  • Die bessere Beratung der Flüchtlinge. Zur Erleichterung des Prozesses sollen vor Ort genügend juristisches Fachpersonal sowie ÜbersetzerInnen zur Verfügung gestellt werden, die den Flüchtenden ab dem ersten Moment beratend zur Seite stehen. Der besonderen Schutzbedürftigkeit von minderjährigen und verletzlichen Personen muss dabei besonders Rechnung getragen werden.
  • Rücksendungen nach Italien müssen schriftlich dokumentiert werden. Nur wenn Betroffene einen Beleg erhalten, haben sie eine Chance, ihre Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention einzufordern und sich rechtlich gegen die Einreiseverweigerung zu wehren.
  • Die Schweiz muss Italien vor Ort logistische Unterstützung anbieten, beispielsweise mit der Organisation und Betreuung von Camps in Como oder Mailand.
  • Die Schweiz muss konsequent ihr Selbsteintrittsrecht wahrnehmen und Flüchtlinge, die in Italien registriert wurden, aber in der Schweiz bereits Familienangehörige haben, nicht im Dublinverfahren zurückschicken. So kann viel Leid vermieden und die Integration vereinfacht werden.

«Die Situation, so wie sie jetzt ist, ist inakzeptabel», kritisiert SP-Nationalrätin Marina Carobbio das Vorgehen der Behörden in der Schweiz und in Italien. «Die Forderungen der SP sind konkret und zielen darauf ab, dass ein menschenwürdiger und rechtlich einwandfreier Prozess gewährleistet werden kann. Das GWK muss jederzeit in der Lage sein, sein Handeln transparent darzulegen und zu legitimieren».

Die SP will zu einer raschen Verbesserung der Lage in Como beitragen und hat das Gespräch mit den zuständigen Bundesräten gesucht. Allerdings zeigt Como auch die Grenzen nationaler Politik auf. Wenn jedes Land nur für sich schaut, sind die Flüchtenden die Leidtragenden. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation ist nur mit einer gesamteuropäischen Flüchtlingspolitik und mit Kooperation über Landesgrenzen hinweg möglich. Deshalb setzt sich die SP Schweiz auch für das vehemente Einstehen der Schweiz für eine gesamteuropäische Lösung ein sowie für ein Ministertreffen der an der jetzigen Situation hauptbeteiligten Staaten. Dabei muss insbesondere vereinbart werden, dass jene Flüchtlinge weiter nach Norden reisen dürfen, deren Familienangehörige sich dort bereits aufhalten.

 

03. Sep 2016