Mit ihrem Ja zur zweiten Gotthard-Röhre missachten das Bundesparlament und der Bundesrat die Verfassung, entwerten die NEAT und belasten die Tessiner Bevölkerung mit Verkehrsproblemen und Umweltbelastungen. Deshalb haben mehr als 40 Organisationen das Referendum ergriffen.

Der Bau einer zweiten Gotthard-Röhre bedeutet einerseits eine Abkehr von einer bewährten Verkehrsstrategie für den Alpenraum und missachtet andererseits auch das Volks-Ja im Jahr 1994 zur Alpen-Initiative, die den Schutz des Alpenraums in der Verfassung festhalten wollte. Dieser sollte durch eine Verlagerung des alpenquerenden Gütertransitverkehrs auf die Schiene und mit einem Verzicht eines Kapazitätsausbaus der Transitstrassen gewährleistet werden. Bis heute wurden diese Forderungen der Stimmberechtigten jedoch nicht umgesetzt.

Eine zweite Gotthardröhre widerspricht aber nicht nur der Verfassung, sondern bringt zahlreiche weitere Probleme mit sich: So bedeuten zwei Röhren mehr Lastwagen und Autos auf der gesamten Achse Basel-Chiasso. Denn es ist bereits heute klar, dass das Versprechen, die zweite Gotthardröhre „ohne Kapazitätserweiterung“ zur realisieren, nicht eingehalten werden kann. Die Schweiz wird sehr schnell unter Druck der EU und der Lastwagenlobby die teure Infrastruktur vollständig ausnutzen. Das Landesverkehrsabkommen mit der EU untersagt zudem künstliche Beschränkungen vorhandener Verkehrskapazitäten.

Darunter wird die Tessiner Bevölkerung leiden, die bereits Luftverschmutzung, Lärm und Umweltbelastungen ausgesetzt ist. Der Bau einer zweiten Gotthardröhre würde diese Probleme noch verstärken und hätte schwerwiegende Folgen für die Lebensqualität der Menschen im Alpenraum. Zu Recht haben sich 32 Tessiner Ärztinnen und Ärzte gegen den Bau ausgesprochen und vor gesundheitlichen Schäden gewarnt. Und deshalb sprechen sich auch viele Tessinerinnen und Tessiner gegen den geplanten Bau der zweiten Röhre aus.

Es ist ärgerlich, wie mit der Angst, vom Rest der Schweiz isoliert zu werden, gespielt wird. Wir können die Kohäsion eines Landes doch nicht vom Ausbau eines Strassentunnels abhängig machen. Zudem wird ab 2016 das NEAT-Basistunnel am Gotthard eröffnet, welcher eine schnelle Zugverbindung und eine vereinfachte Umlagerung der Güter auf die Schiene ermöglicht. Die Zeit der Sanierung des vorhandenen Tunnels kann mit Verladezügen für Autos und Lastwagen überbrückt werden. Im Sommer steht auch der Weg über den Gotthard offen. Wenn wir aber einen zweiten Strassentunnel bauen, wäre der Tessin nicht nur während 140 Tagen isoliert, sondern es würde uns auch 3 Milliarden Franken mehr kosten. 

Eine Verlagerungspolitik auf die Schiene ermöglicht eine Zukunft ohne Verkehrslärm und Umweltbelastungen für die Menschen im Alpenraum und eine zukunftsweisende Verkehrspolitik weit über die Schweizer Grenze hinweg.

Mehr als genügend Gründe, um das Referendum gegen den Bau einer zweiten Gotthard-Röhre zu lancieren.

07. Okt 2014