Wenn man bedenkt, wie lange bereits ein Verfassungsauftrag zur Einführung einer Mutterschaftsversicherung besteht – seit 1945 – ist es schier unglaublich, dass sie erst vor 10 Jahren, nach unzähligen gescheiterten Versuchen, eingeführt wurde!

Glücklicherweise gab es Unternehmen, die einen bezahlten Mutterschaftsurlaub freiwillig oder gestützt auf einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) einführten. Das zeigt einmal mehr die Wichtigkeit von Sozialpartnerschaften und Gesamtarbeitsverträgen! Auch waren die Frauen bei einer Mutterschaft nicht ungeschützt, es gab und gibt arbeitsrechtliche Schutzvorschriften für Schwangere und für stillende Mütter. Diese Schritte wurden letztlich nur geschafft, weil das Muttersein oder vielmehr der Familienschutz nicht mehr nur sozial- oder gesundheitspolitisch motiviert war, sondern einen bevölkerungspolitischen Aspekt erhielt: nämlich ganz einfach die Förderung der Geburtenzahlen. 

Mit der Einführung der Mutterschaftsversicherung hat sich schliesslich – wenn auch spät – der Gedanke durchgesetzt, dass nicht mehr die Mütter oder die Familien allein das finanzielle Risiko einer Mutterschaft tragen müssen, sondern dass dieses Risiko durch die Gemeinschaft getragen werden kann. Mutterschaft ist nicht nur Privatsache, sondern sie ist auch eine Chance für die Gesellschaft: durch die Erwerbstätigkeit der Mütter, durch die Kinder und eine stabile Bevölkerungszahl, durch die damit gelebte Solidarität zwischen den Generationen und zwischen den Erwerbstätigen, mit oder ohne Kinder. Bezahlter Mutterschaftsurlaub für erwerbstätige Frauen ist letztlich eine Anerkennung der zusätzlichen Belastung der jungen Generation.

Was im letzten Jahrhundert stark umstritten war, ist heute eine Selbstverständlichkeit. So selbstverständlich, dass mittlerweile über Elternurlaub oder Vaterschaftsurlaub diskutiert werden kann. Und meine Hoffnung ist, dass es damit nicht so lange dauert…  

01. Jul 2015