Die SP macht die Zustimmung zur Ausweitung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA von der Durchsetzung einer Weissgeldstrategie abhängig. Was heisst das konkret?
Die SP verlangt, dass bei der Annahme von ausländischem Geld bei Schweizer Banken gesichert sein muss, dass die Gelder versteuert sind. Bei den Altlasten von Schwarzgeldern sehen wir eine Übergangsfrist für die Deklaration von 5 Jahren vor.
Warum kommt die Forderung ausgerechnet jetzt?
Der Kampf der SP gegen das Steuerhinterziehergeheimnis ist beileibe nicht neu. Die Situation hat sich zudem seit der Zustimmung zum DBA-Zusatz in der WAK klar verändert. Erstens zeigt sich, dass selbst die betroffenen Banken zwar vom Staat Hilfe erwarten, aber selber keine Anstalten machen, endlich dezidiert zu einer Weissgeldstrategie zu wechseln. Zweitens wird die Schweiz mit den USA wie auch mit dem übrigen Ausland nur glaubwürdig über eine Globallösung verhandeln können, wenn wir mit offenen Karten spielen und mit den ausländischen Schwarzgeldern in der Schweiz gründlich aufräumen.
Viele gehen davon aus, dass die SP ihre Forderungen nicht durchsetzen kann, weil die SVP – wie schon bei der Herausgabe der UBS-Daten an die UBS – im letzten Moment umkippt?
Die Ausgangslage ist in der Tat vergleichbar. CVP und FDP müssen sich jetzt entscheiden, ob sie mit der SP eine Weissgeldstrategie durchsetzen oder mit der SVP weiter wursteln wollen wie bisher. Was nicht geht, ist, dass die SP die Hand zum Weiterwursteln reicht und sich die SVP als die Verteidigerin der Schweizer Interessen aufspielt. Die SVP ist politisch die Hauptschuldige für das heutige Schlamassel. Sie ist die Partei, auf die die Herren Ospel, Grübel und Hummler immer zählen konnten.
Grosse Wellen geworfen hat die Forderung nach einem Berufsverbot für Banker. Geht das nicht zu weit?
Nein. 1. Das heutige Gesetz muss endlich umgesetzt werden. Nach Bankengesetz muss eine Bank Gewähr für einwandfreie Geschäftsführung bieten. Der Direktor der Finma hatte die Bankiers bereits 2010 davon gewarnt, nicht versteuerte amerikanische Gelder der UBS zu übernehmen. Dies sei grob fahrlässig. Der Bankier Hummler hatte ihn dafür beschimpft. Bankiers, die das nicht begreifen, bieten klar keine Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung. 2. Ich bin es leid, alle paar Monate die Folgen von offenbar unbelehrbaren, gierigen Bankern politisch ausbaden zu müssen.
Wie um alles in der Welt sollen Bankiers abklären, ob Gelder versteuer sind? Das sieht man dem Geld doch nicht an.
Die Banken haben bereits heute Sorgfaltspflichten. Banken müssen auch heute schon für die Bekämpfung der Geldwäscherei abklären, ob Gelder nicht aus der Welt der organisierten Kriminalität stammen. Falls ein erhärteter Verdacht vorliegt, besteht eine Meldepflicht. Mit der Verschärfung des Kampf gegen die Geldwäscherei werden in Zukunft auch „serios tax crimes“ zur Vortat der Geldwäscherei. Diese Bestimmung werden wir auch in der Schweiz umsetzen müssen.
Lernen kann man auch von Liechtenstein. Beim Abkommen von Liechtenstein mit UK muss die Versteuerung von Vermögen von britischen Personen gewährleistet sein. Das wird mit einem Besteuerungsnachweis geregelt.
Praktisch sehe ich zwei Lösungen, die politisch zu diskutieren sind. Die ausländischen Vermögensbestände in der Schweiz werden Ende Jahr den zuständigen Steuerbehörden gemeldet werden. Im Fall der Selbstdeklaration erledigt das der Steuerpflichtige, wie wir das alle Jahr für Jahr machen, selbst und steht dafür grade oder, wenn die Banken nicht an die Ehrlichkeit ihrer Kunden glauben, diese Auszüge werden direkt den Behörden zugestellt.
CVP und FDP sind auch für eine Weissgeldstrategie. Warum gibt sich die SP nicht damit zufrieden?
Es kommt nicht auf die Verpackung an sondern auf den Inhalt. Es ist an den zuständigen Bundesrätinnen jetzt einen wasserdichten Vorschlag zu machen. Vorab ist Eveline Widmer-Schlumpf nun in der Pflicht. Sie hat an einer Lösung ohne SVP auch jedes Interesse. Sind es bei CVP und FDP mehr als Lippenbekenntnis, dann sind wir ja mehrheitsfähig.
Die Schweiz führt sich auf wie eine Sonntagschülerin. Sie lässt sich von den USA an die Wand nageln, obwohl die USA selber auch Steueroasen kennen. Sind wir nicht zu defensiv?
Wären wir Mitglied der EU, könnten die US-Amerikaner nicht so mit uns umspringen. Wer auf den Alleingang setzt, ist auch bei der Lösung von Konflikten allein. Deshalb dürfen wir nicht die gleichen Fehleinschätzungen wie Konrad Hummler machen. Sonst wird nicht nur eine Bank, sondern ein Land abgestraft. Umgekehrt müsste die Schweiz, sobald wir eine vernünftige Weissgeldstrategie formuliert haben, vergleichbare Regeln für alle Finanzplätze einfordern. Das hat die Schweiz in den letzten Jahren klar verpasst.
Was bedeutet eine Weissgeldstrategie für die Arbeitsplätze in der Schweiz?
Nur mit einer Weissgeldstrategie hat der Finanzplatz Zukunft. Man kann die Zukunft nicht mit der Vergangenheit vergleichen, sondern man muss mögliche Zukunftsszenarien miteinander vergleichen.
Das SVP-Szenario versucht, die Steuerhinterzieher-Oase Schweiz zu retten. Wir werden von einem Debakel mit dem Ausland ins andere laufen. Der Finanzplatz wird ausbluten. Das Kapital meidet wie das scheue Reh Weideplätze, die unter Beschuss stehen.
Im SP-Szenario muss der Finanzplatz Schweiz vergleichbare Dienstleistungen effizienter und seriöser erbringen als andere Finanzplätze. Die Schweiz hat die besten Voraussetzungen dazu. Davon bin ich überzeugt. Das zeigt auch die von der SP-Fraktion erarbeitete Studie von Prof. Teodoro D. Cocca. Nicht die Weissgeldstrategie ist eine langfristige Gefahr für die Arbeitsplätze im Schweizer Finanzsektor, sondern die Vogel-Strauss-Politik und die überrissenen Gehälter der obersten Banker.