Ein erfolgreiches Jahr: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten legen zu – und das von vielen weitgehend unbemerkt. Seit den National- und Ständeratswahlen vor einem Jahr, fanden kantonale Wahlen in Freiburg, in der Waadt, in St. Gallen, Schaffhausen, im Aargau und in Basel Stadt statt. Ausser im Aargau ist es uns gelungen, in all diesen Wahlen zuzulegen. Und letztes Wochenende, in der Stadt Bern, haben wir unsere linke Mehrheit in der Exekutive erfolgreich verteidigen können. Mit einem beeindruckenden Ergebnis unseres Genossen Alexander Tschäppät. Er hat bei der Stadtpräsidentenwahl 70% der Stimmen erahalten. FDP und SVP haben es gemeinsam auf knapp 30% gebracht.

Ein erfolgreiches Jahr geht zu Ende, und ich möchte euch danken. Für die Arbeit, die ihr Tag für Tag im Dienste der Partei erbracht habt. Für die Stunden, die ihr bei der Sammlung von Unterschriften, etwa für die Erbschaftssteuerinitiative, geopfert habt. Für das Engagement und die Fairness, mit welcher politisch umstrittene Diskussionen, etwa unsere Migrationspolitik, intern geführt werden. Für den Mut, den alle Kandidierenden, auf Gemeinde, Kantons- und Bundesebene bewiesen haben.

Wenn es der Partei seit den Wahlen wieder besser geht, verdanken wir das euch. Euch allen. Wenn wir letztes Jahr die erfolgreichste Bundesratspartei bei Volksabstimmungen waren, ist auch das euer Verdienst. Es ist uns gelungen, bei der Zweitwohnungsinitiative zu siegen, bei den drei Initiativen des Hauseigentümerverbands die Vernunft walten zu lassen, bei der SVP-Initiative „Staatsverträge vor das Volk“ unsere demokratischen Grundsätze zu verteidigen und bei der Managed Care-Vorlage die Interessen der Patientinnen und Patienten wirksam zu vertreten.

Darüber hinaus wird es jeden Tag klarer, dass wir mit unseren Forderungen und Positionen zum Bankgeheimnis durchkommen werden. Die Fronten bewegen sich: der Bundesrat wird in den kommenden Wochen Fatca zur Ratifizierung vorlegen. Damit anerkennt er – vorerst gegenüber den USA – dass der automatische Informationsaustausch zum internationalen Standard wird. Die OECD entwickelt sich in diese Richtung und die Ablehnung des Abgeltungssteuer-Abkommens in Deutschland wird diese Entwicklung noch beschleunigen. Was die Bankeninitiative von 1978 verlangte, wird nun realisiert. Was damals als Nestbeschmutzung gebrandmarkt wurde, gilt heute als Zukunftsstrategie für den Finanzplatz. Leider zu spät. Leider aus der Defensive, statt aus eigenem Antrieb proaktiv, statt aus einer Position der Stärke. Leider auf Kosten der Bankenmitarbeitenden, die einen grossen Preis für die Blindheit und Unfähigkeit ihres Managements zahlen müssen.

Wir fordern Frau Widmer-Schlumpf auf, wir fordern den Bundesrat auf: handelt, verhandelt, bevor es zu spät wird. Mit der Unterstützung der Anerkennung von Palästina als Beobachterstaat in der UNO habt ihr bewiesen, liebe Bundesräte, dass ihr mutig sein könnt. Zeigt die gleiche Weitsicht mit dem Bankgeheimnis. Die Zeiten des Schwarzgeldes sind vorbei. Die Rückzugsgefechte der Bankiervereinigung kosten uns Zehntausende von Arbeitsplätzen. Der Bundesrat muss mit der EU die Einführung eines automatischen Informationsaustausches verhandeln. Er muss sicherstellen, dass wir Steuerkriminelle wie andere Kriminellen behandeln und sie nicht wie bisher als vermeintlich treue Kunden hätscheln. In der Schweiz und im Ausland geht Steuerhinterziehung immer nur auf Kosten der ehrlichen Steuerzahlenden. Es ist Aufgabe der SP genau diesen zahlreichen ehrlichen Bürgerinnen und Bürgern zur Seite zu stehen. Und lasst es mich unmissverständlich sagen: Es ist auch unsere Aufgabe die Heuchelei unserer politischen Gegner publik zu machen. Heuchelei! Ja – oder wie sonst nennt man jemanden, der immer einen harten Kurs gegen Kriminelle fährt, ausser bei Steuerkriminellen, die bei uns immer noch mit Handschuhen angefasst werden. Dafür gibt es nur ein Wort: Heuchelei. Beispielsweise dann, wenn eine Partei konsequent für den Stopp der Zuwanderung kämpft, ausser bei reichen Ausländern, die mit noch nie da gewesenen Steuerprivilegien angelockt werden sollen. Der Fusstritt nach unten, der Bückling nach oben.

Es braucht mehr Verteilungsgerechtigkeit
Genossinnen und Genossen,
Wir müssen diesen Kräften widerstehen. Mit unserem ganzen Elan, mit unserem Engagement, mit unserem Herzen und mit unserem Sachverstand. Wir dürfen den Kampf mit ihnen nicht scheuen. Nicht in der Wirtschaftspolitik, nicht bei der Verteilungsfrage und auch nicht in der Migrationspolitik. Mit Projekt um Projekt, zu einer Gesellschaft für alle und statt für wenige. Eine Schweiz, wo alle am Wohlstand teilhaben, und nicht eine Schweiz der wenigen Superreichen. Eine demokratische, offene Gesellschaft, vernetzt mit Europa und der Welt, und nicht eine Insel der Trittbrettfahrer, die sich verbarrikadiert.

Bei der Verteilungsfrage stehen uns wichtige Auseinandersetzungen bevor. Gegen die Abzockerei, für eine gerechtere Umverteilung des Wachstums und des Wohlstandes: Mit der Minder-Initiative können wir ein erstes Zeichen gegen die Bonzen unserer Wirtschaft setzen, mit der 1:12-Initiative werden wir die für Vasella und Co. unangenehme Frage stellen: wie kann jemand rechtfertigen, mehr als zwölf Mal mehr zu verdienen als die grosse Mehrheit seiner Arbeitskollegen? Es ist nicht zu rechtfertigen. Wir geben den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, dies endlich zu ändern. Mit der Mindestlohn-Initiative und mit der 1:12 -Initiative kann dieser Missstand behoben werden. Mit der Erbschaftssteuer-Initiative muss es uns ausserdem gelingen, die erneute Feudalisierung der Schweizer Gesellschaft zu stoppen. Um es in der Sprache der Occupy-Bewegung zu sagen: „Wir sind die 99%“. Es ist unsere Aufgabe, für die überwältigende Mehrheit zu kämpfen, weil die Bürgerlichen immer vor allem die Interessen des einen Prozents an der Spitze der Gesellschaft vor Augen haben. Und mit der Pauschalbesteuerungsinitiative werden wir eine der gröbsten Ungerechtigkeiten in unserem Steuersystem abschaffen. Und schliesslich wird die Aufhebung des Steuerhinterziehungsgeheimnisses dazu beitragen, dass alle wirklich ihren Anteil bezahlen.

Diese Initiativen sind ein kohärentes Gebilde. Wir nehmen den Kampf mit der neoliberalen Gesellschaft dort auf, wo sie am schwächsten ist: bei der Verteilungsfrage. Die Bevölkerung hat die Abzockerei satt. Sie ist nicht mehr bereit, Millionenlöhne zu akzeptieren. Sie ist besorgt wegen der Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger. Und sie verlangt, dass Steuern gerecht erhoben werden. Mit unseren Initiativen bilden wir ein klar verständliches Gegenprojekt zum neoliberalen Klassenkampf von oben. Wir machen das, was politische Parteien tun müssen: wir kämpfen Projekt um Projekt, für eine Gesellschaft die unseren Vorstellungen entspricht.

Für eine Offensive in der Migrationspolitik
Genossinnen und Genossen,
Wir sind nicht überall soweit. Trotz unserer Arbeit am Thema Migration - zuletzt am Parteitag in Lugano - ist es nicht so, dass wir ohne weiteres in die Offensive gehen können.

In der Frage der Personenfreizügigkeit indes schon: wir verlangen einen Ausbau der flankierenden Massnahmen. Auf dem Arbeitsmarkt, in der Wohnungsfrage, bei den öffentlichen Infrastrukturen oder im Bildungswesen. Sonst werden wir die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien nicht unterstützen. Das muss allen klar sein, damit nachher niemand sagen kann, das hätten wir nie so klar kommuniziert: Wir machen nur mit, wenn wir den Leute zusichern können, dass alle und nicht nur ein paar wenige von der Personenfreizügigkeit profitieren können. Und das beginnt offenbar Wirkung zu zeigen: Die Bekämpfung der Scheinselbständigkeit, die Einführung einer Solidarhaftung, Milliardeninvestitionen im Bahnbereich, erste Lebenszeichnen im SECO im Bereich sozialer Wohnungsbau und Schwarzarbeitsbekämpfung. Diese Strategie ist erfolgreich, sie ist mehrheitsfähig und wir werden sie mit der nötigen Entschlossenheit und Konsequenz weiterführen.

Schwieriger ist es hingegen im Asylbereich. Es wird um Referenden gestritten, verschiedene Initiativprojekte werden noch diskutiert, eine kohärente Strategie, wie wir die Stimmung in der Bevölkerung umdrehen können, fehlt noch weitgehend. In der Schweiz genauso wie leider auch bei den meisten unserer Schwesterparteien in Europa. Es ist ein schwacher Trost.

Wir werden gleich festlegen, ob wir das Referendum gegen den auf drei Jahre befristeten dringlichen Bundesbeschluss ergreifen wollen. Ihr habt gesehen: die Geschäftsleitung hat darauf verzichtet, einen Antrag auf Unterstützung dieses Referendums zu stellen. Das hat einige bissige Reaktionen aus unseren Reihen provoziert. Ich teile die Kritik an der Abschaffung des Botschaftsasyls. Es ist nämlich ein Mittel um zu sichern, dass wirklich Verfolgte ihren Weg in die Schweiz und in die Sicherheit finden können. Auch wenn die Schweiz dies als einziges Land in Europa praktiziert hat. Bei den Deserteuren ändert dieses Gesetz nichts. Eritreer die wegen ihrer Dienstverweigerung an Leib und Leben gefährdet sind, werden weiterhin in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt. Und bei der Errichtung von Spezialzentren für schwierige Asylsuchende entspricht leider die neue Regelung einer Praxis, die viele Kantone bereits eingeführt haben. Unter dem Strich ist für mich, und für die Mehrheit unserer Fraktion in Bern, die Bilanz des Asylgesetzes negativ. Wir haben es entsprechend abgelehnt. Und falls ein Referendum zustande kommen sollte, würde ich mich auch für eine Ablehnung des Gesetzes aussprechen. Nun ist aber die Frage zu stellen: ist ein Referendum das richtige Mittel um den betroffene Asylsuchenden zu helfen?

Wir meinen nein. Nächstes Jahr erwarten uns fünf Vorlagen, die alle das Potenzial für deutlich schärfere Bestimmungen als der dringliche Bundesbeschluss beinhalten könnten. Wir werden nächste Woche im Parlament über eine weitere Asylgesetzrevision abstimmen, die eine massive Reduktion der Fürsorgehilfe für Asylsuchende beinhalten könnte. Der Bundesrat kommt im Januar bereits mit dem nächsten Projekt: eine Reduktion der Verfahrensdauer, flankiert mit einem Ausbau des Rechtschutzes für Asylsuchende. Wir stimmen nächstes Jahr auch über eine Revision des Einbürgerungsgesetz und des Integrationsgesetzes ab. Und die Masseneinwanderungsinitiative kommt zur Urne. Von der Ecopop-Initiative und den neuen angekündigten Asyl-Initiativen der SVP gar nicht zu sprechen.

Hilft uns eine Abstimmung über den dringlichen Bundesbeschluss in diesem Umfeld? Meine Antwort ist nein, weil wir sie nicht gewinnen können. 2006, bei der letzten Asylabstimmung, haben wir zusammen mit den Hilfswerken, mit den geschlossenen Linken, und nach einer intensiven Kampagne rund 30% gemacht. Und es ging um Vorlagen, die durch Christoph Blocher vertreten wurde. Diesmal geht es um ein Projekt, das von Simonetta Sommaruga vertreten wird, bei welchen die Hilfswerke – Amnesty International, die Flüchtlingshilfe, das SAH, das Heks – ihre Unterstützung verweigern, und wo ein Teil unserer Fraktion eine andere Position vertritt. Dieses Referendum ist nicht zu gewinnen. Und eine allzu deutliche Niederlage würde uns schwächen.

Und ich meine dabei nicht die SP in der Parteienlandschaft. Da kann man wirklich geteilter Meinung sein. Eine Niederlage würde aber mit Sicherheit die Situation der Asylsuchenden im Land schwächen und zudem Tür und Tor für weitere Verschärfungen öffnen.

Genossen und Genossinnen,

Die Schlussfolgerung macht auch mir Bauchweh. Ich bin damals zur SP gekommen wegen ihrer Asylpolitik. Es gibt kaum eine Frage, die mich persönlich mehr trifft. Ich weiss aber, dass ich nicht Politik mache, um mein Gewissen zu beruhigen. Sondern um die Situation der Betroffenen in der real existierenden Welt zu verbessern. Und dies werden wir nicht mit diesem Referendum erreichen. Wir müssen offensiver sein, unsere Vorstellungen zu Diskussion stellen.

Die Hilfswerke haben ein Programm mit neun Punkten veröffentlicht: Raschere Verfahren, verbesserter Rechtschutz, professionellere Begleitung, dezentrale und humane Unterbringung, Ausbau der Beschäftigungsmöglichkeiten, Rückkehrhilfe, Dialog und Überzeugung statt Level IV- Ausschaffungen.

Die SP Frauen und die SP Waadt gehen einen noch ambitiöseren Weg: sie schlagen vor, eine Volksinitiative zu erarbeiten und nach Verbündeten zu suchen, um sie zu verwirklichen. Das sind meines Erachtens Vorschläge, die geeignet sind, uns aus der Defensive im Asylbereich zu bringen und mit unseren eigenen Vorschlägen ein Alternativprogramm zu den bürgerlichen Abbauplänen zu liefern.

Es ist uns in der Wirtschaftspolitik gelungen, aus der Defensive zu kommen und ein kohärentes, klares Gegenmodell zu entwickeln. Es ist uns im Bereich Personenfreizügigkeit gelungen und wir müssen heute entscheiden, ob wir es auch im Asylbereich wagen wollen.

Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa
Liebe Genossinnen und Genossen
Erlaubt mir noch einige Überlegungen zu einem aktuellen Thema. Die einstigen Protagonisten aus den verschiedenen Lagern erinnern heute an die EWR-Schlacht von 1992. Sie alle versuchen, den Geist der Kampagne wieder aufleben zu lassen, die jenem schwarzen Sonntag, den 6. Dezember 1992 voraus ging. Die SVP, der es an substanziellen Themen mangelt, würde nur allzu gern wieder das hohe Lied des Isolationismus anstimmen und Romands gegen Deutschschweizer ausspielen. Sie will wieder die zerstörerische Stimmung von vor zwanzig Jahren aufkommen lassen. Und um dies zu bewerkstelligen, zögert Christoph Blocher nicht, mehrere Millionen Franken aufzuwerfen, um die Schweiz mit einer einseitigen und bösartigen Propaganda zu überschwemmen.

Darüber geht vergessen, dass das Volk 1992 in allererster Linie NEIN gesagt hat, weil es sich – zurecht – vor Lohn- und Sozialdumping fürchtete. Die SP und die Gewerkschaften haben daraus ihre Konsequenzen gezogen. Sie engagieren sich seither dafür, dass in den bilateralen Verhandlungen nicht nur Öffnungsschritte, sondern auch flankierende Massnahmen verabschiedet werden. Insbesondere den Arbeitsmarkt, aber in letzter Zeit auch den Wohnungs-, Bildungs- und Infrastrukturmarkt behalten die SP und die Gewerkschaften dabei im Auge.

Die Isolationisten verschweigen zudem, dass sich die Souveränität, die direkte Demokratie, der Föderalismus und die Unabhängigkeit durch das EWR-Nein keinesfalls verbessert haben, wie sie dies im Vorfeld der Abstimmung versprochen haben. Ganz im Gegenteil: Die Schweiz ist heute weitaus stärker in die EU integriert, als dies bei einem Ja zum EWR der Fall gewesen wäre. Diese Anpassung an die EU war unabdingbar, um die Stärke der Schweizer Wirtschaft zu erhalten, die im Herzen Europas verankert ist. Die Demokratie, der Föderalismus und die Unabhängigkeit sind die Hauptopfer des so genannten «autonomen Nachvollzugs» europäischen Rechts. Auf diesem Weg kann die Schweiz indes nicht von den institutionellen Vorteilen eines EWR-Beitritts profitieren – angefangen bei der Möglichkeit, über das europäische Recht mitentscheiden zu können. Das nämlich hat uns der Sieg der SVP im Jahr 1992 eingebrockt: 60% unserer Gesetze sind direkt von Brüssel beeinflusst. In zahlreichen Abkommen, angefangen bei Schengen und Dublin, übernehmen wir automatisch die Gesetzesrevisionen, welche andere in Brüssel beschlossen haben. Was für ein schöner Sieg der Isolationisten! Welche Heuchelei, die Realität einer geteilten Souveränität für die Illusion der Unabhängigkeit zu opfern!

Der bilaterale Weg hat die Schweiz in eine Sackgasse geführt. Unsere Europa-Politik ist ins Stocken geraten. Es wird immer schwieriger, Zugang zum innereuropäischen Markt zu finden, ohne dessen Regeln zu befolgen und die nationalen Gesetze entsprechend anzupassen. Die Rechtsunsicherheit wird immer grösser – dies umso mehr, als die Schweiz noch weitaus stärker in den europäischen Markt integriert ist als zahlreiche EU-Mitgliedstaaten.

Die Schweiz befindet sich in der Europapolitik also einmal mehr an einer Wegscheide. Und für die SP stellt der Status quo keine Option dar. Wenn nun aber Vertreter der politischen Mitte und der Wirtschaft den Beitritt unseres Landes zum EWR in Betracht ziehen, so gestehen sie damit zweierlei ein:

  • Der bilaterale Weg hat die Hoffnungen nicht erfüllt, die man in ihn gesetzt hatte.
  • Eine Deblockierung in der Europapolitik ist unbedingt notwendig.

Diese Diskussion darf sich jedoch nicht auf den EWR beschränken. Das europäische Feuer bekommt keine Nahrung, indem man versucht, Vulkane wieder zu entflammen, die längst erloschen sind. Es macht keinen Sinn, einem Klub beizutreten, dem nur noch Norwegen, Island und Liechtenstein angehören. Vielmehr müssen wir wieder eine faktenorientierte und konstruktive Debatte über die europäische Integration führen.

  • Wir müssen uns den Integrationsbericht von 1999 zum Vorbild nehmen. Die Lage der Schweiz und jene in der Europäischen Union müssen klar bilanziert werden. Weiter muss eine vergleichende Analyse durchgeführt werden. Diese soll aufzeigen, welches die Folgen sind, wenn die heutige Politik (sofern überhaupt möglich) fortgeführt wird, wenn wir dem EWR beitreten oder wenn wir direkt EU-Mitglied werden.
  • Eine solche Analyse darf sich nicht auf wirtschaftliche, finanzielle, soziale und ökologische Fragen beschränken. Sie muss sich auch mit politisch-demokratischen Problemen auseinander setzen. Eine solche Grundlage ist notwendig, damit verbindliche Entscheide getroffen werden können.

Der Standpunkt der SP:

  • Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) können niemals die EU als Hauptpartner ersetzen. Alleine das deutsche Bundesland Baden-Württemberg bringt der Schweizer Wirtschaft gleich viel ein wie diese Länder zusammen.
  • Nicht ohne Grund hat die EU dieses Jahr den Friedens-Nobelpreis erhalten. Der Erhalt eines friedlichen Europas vollzieht sich zweifellos auf dem Weg der Integration. Und die Schweiz muss dazu ihren Beitrag leisten.

Die Folgen für die Schweiz wären unabsehbar, wenn das europäische Haus wegen dem nationalen Egoismus und der brutalen Sparpolitik im Zusammenhang mit den durch Haushaltschulden verursachten Problemen einstürzen würde.

Eine isolierte Schweiz kann auf globaler Ebene nur schwer etwas erreichen. Es ist unvorstellbar, wie die Schweiz sich ohne Europa wirksam für die Menschenrechte, den sozialen Fortschritt, den Klimaschutz oder die Erhaltung des Friedens engagieren will. Aus diesem Grund wird es immer dringlicher, dass die Schweiz einen konstruktiven Beitrag für ein sozialeres und global aktiveres Europa leistet. Alle Länder unseres Kontinents – die Schweiz inbegriffen – brauchen heute mehr und nicht weniger Europa.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen, ich bin stolz, Präsident einer Partei zu sein, die heute demokratisch und offen über kontroverse Fragen wie die künftige Asylpolitik, die Parteienfinanzierung oder den Wahlmodus für die Bundesratsmitglieder debattiert. Wenn ich zu unseren französischen Nachbarn von der UMP hinüber schaue und sehe, wie sie unfähig sind, auch nur ihren Parteipräsidenten zu wählen, dann kann ich mir eine gewisse Genugtuung nicht verkneifen. Die Genugtuung über die lebendige und korrekte demokratische Kultur in unserer Partei.

Ich wünsche Euch eine gute Delegiertenversammlung und anregende Debatten. Es lebe die Sozialdemokratische Partei!

04. Dez 2012