Die 1:12-Initiative ist der notwendige zweite Schritt zum Stopp der Abzockerei und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Und wieder machen BedenkenträgerInnen Schlagzeilen für die Reichen und Superreichen. Und bezahlte Wissenschafter produzieren wiederum unsägliche Studien, und Wirtschaftsverbände drohen mit der Abwanderung von Unternehmen.
Kartell von gierigen Managern
Kritisiert wird die Radikalität dieses Lohnbandes zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn mit einer Spannweite von 1 zu 12. Dabei steht fest, dass die grosse Mehrheit der Schweizer Unternehmen, die KMU, dieses Lohnband einhält und somit von der Initiative gar nicht direkt betroffen ist. Kritisiert werden staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik mit dem Hinweis, man solle das dem Markt überlassen. Nur haben die exorbitanten Managerlöhne nichts mit dem Markt zu tun. Sie werden von einem Kartell von gierigen Managern zusammen mit ebenso gierigen Headhuntern, die die Lohnexzesse vorantreiben, und Verwaltungsräten bestimmt. Die exorbitanten Löhne der Manager haben auch rein gar nichts mit deren Arbeitsproduktivität zu tun haben, sonst hätten die Managerlöhne im Finanzsektor längst massiv gesenkt werden müssen. Das Kartell erklärt, warum ausgerechnet in der Schweiz und in Grossbritannien die Vergütungen der Konzernchefs höher sind als in anderen europäischen Ländern und warum die VR-Entschädigungen in der Schweiz höher sind als anderswo.
Der Arbeitsmarkt muss sozial reguliert werden
Dass der Arbeitsmarkt staatlich reguliert wird, ist kein Novum für die Schweiz sondern eine Notwendigkeit. Fortschritte wurden bei den Arbeitsbedingungen immer durch staatliche Regulierungen durchgesetzt. Das gilt für die Ferien- und Feiertagsansprüche genauso, wie für die Arbeitsschutzbestimmungen, die obligatorischen Sozialversicherungen etc. Ohne staatliche Vorgaben wären wir wohl noch immer bei der Kinderarbeit.
Die SP hat in den letzten Jahren immer wieder versucht, die Exzesse in der Teppichetage zu stoppen beispielsweise mit einem Lohnband der Managerlöhne bei der Aktienrechtsrevision, mit der Bonussteuer auf überhöhten Entschädigungen beim direkten Gegenvorschlag zur Abzockerinitiative, mit einem Lohndeckel für die Managerlöhne bei Banken mit Staatsgarantien oder mit weiteren fiskalischen Massnahmen wie einer steileren Progression bei den Einkommenssteuern. Vergeblich. Selbst moderate Eingriffe scheiterten jeweils am Widerstand der Wirtschaft und ihren bürgerlichen Wasserträgern im Parlament. Deshalb braucht es jetzt eine soziale Korrektur mit der 1:12-Initiative.
Eine Annahme der 1:12-Initiative ist national und international ein starkes Signal für eine gerechtere Gesellschaft. Ganz Europa wird wie bei der Abzocker-Initiative darüber berichten. Es ist auch ein starkes Signal für den Werkplatz Schweiz, dessen Stärke in der Vielzahl von KMU mit absolut überschaubaren Lohnverhältnissen liegt.
Die Initiative lässt für die Umsetzung den nötigen Spielraum offen. Gerade weil es sich um eine sanfte Initiative handelt, ist ihre Annahme doppelt wichtig. Ein Ja zur Initiative ist ein wichtiger Schritt Richtung einer sozialeren Schweiz. Über die zwei weiteren nötigen Schritte werden wir in den nächsten Jahren abstimmen. Das eine ist die Mindestlohninitiative von SP und Gewerkschaften. Sie verlangt einen flächendeckenden Mindestlohn von 4‘000 Franken pro Monat, 12-mal im Jahr. Das andere ist die Initiative für eine nationale Erbschaftssteuer von SP und weiteren Bündnis-Partnern.
Mehr sozialen Fortschritt und mehr ökonomische Vernunft
Ein gutes Resultat für die Initiative 1:12 schafft ein neues Klima für mehr sozialen Fortschritt, aber auch mehr ökonomische Vernunft in der Schweiz. Die wichtigsten Ursachen der heutigen Krisen sind die national und international die zunehmenden sozialen Ungleichheiten. Die Reichen werden immer reicher. Alle andern bekommen immer weniger vom Kuchen, den sie erarbeiten. Und deshalb fehlt die ökonomisch alles entscheidende Nachfrage.
Ein Ja zur 1:12 Initiative ist ein Schritt in Richtung der vom Ökonomen Heiner Flassbeck monierten Korrekturen in Richtung einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft, die diesen Namen verdient.